veröffentlicht am 16.09.2020 | von Dilara Özcan

Der Alltag eines Heidschnucken-Schäfers

„Von Beruf Schäfer“- genau das sagt Franz Butz, der Schäfer des Vereins Schäferhof e.V. in Neuenkirchen, als er uns gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Petra Wagner begrüßt. Wir begleiteten die Beiden für einen halben Tag in der Heidschnucken-Herde. Wir schauten uns die Arbeit des Schäfers an und ließen uns einiges erläutern. Vor allem haben wir aber sehr viel über die Hingabe, die Leidenschaft, des Schäfers für den doch recht unkonventionellen Beruf als Schäfer, erfahren. Genau die Eindrücke möchten wir Euch heute in unserem besonders Herz erwärmenden Beitrag ein Stück näherbringen.

Heidschnucken-Herde und Ziegen warten darauf, dass es auf die Weide geht. :-)

„Morgenstund` hat Gold im Mund“

Morgens um 9 Uhr sind wir mit dem Schäfer und seine Lebensgefährtin am Schafstall verabredet. Gespannt und mit alten Turnschuhen bekleidet, kommen wir zum Stall. Vereinzelt hört man schon ein „Mäh“ aus einem der beiden Schafställe. Die Stalltüren sind noch geschlossen. Dann läuft ein Altdeutscher Schäferhund an uns vorbei. Aufgeregt geht er umher. An uns ist er jedoch gar nicht interessiert. Wir hören Stimmen und ein freundlicher Herr mit grauem Bart lächelt uns an „Ja, Ihr seids ja pünktlicher wie ein Uhrwerk!“  Natürlich, denn schließlich konnten wir es kaum abwarten, einen Vormittag mit einem Schäfer und den Tieren der Heide zu verbringen. Die Lebensgefährtin des Schäfers kommt hinzu und stellt sich uns vor. Beide öffnen die Tore des Stalls und die Heidschnucken kommen gemeinsam mit den Buhren-Ziegen herausgelaufen. Zunächst lässt er uns schätzen, wie viele Tiere wir hier sehen. Es sind doppelt so viele, als wir tippen: 600 inklusive 30 Ziegen. Das ist eine ganze Menge, vor allem wenn alle nacheinander aus dem Stall kommen. Es „mäht“ fröhlich vor sich hin und die Reihen der Schnucken, die aus dem Stall treten, scheinen kein Ende zu nehmen.

Außerdem stellt Herr Butz uns Seppel, den Altdeutschen Schäferhund, vor. Gemeinsam mit zwei weiteren Altdeutschen Schäferhunden wechselt Seppel sich von Tag zu Tag einmal ab. „Ein Hund für die komplette Herde ist völlig ausreichend.“ teilt Herr Butz uns mit. Seine Hunde haben das Hütehund-Dasein schon im Blut. „50% bringt der Hütehund schon in seinen Genen mit, die anderen 50% bringe ich ihm in der Herde bei.“ Er hat seine Hunde vom Welpenalter an. Seppel hat den Schäfer mehr im Blick als die Herde, denn er wartet genau auf ein Kommando oder ein Zeichen.

Der Altdeutsche Schäferhund Seppel bei der Arbeit.

„Auf die Weide, fertig... los!“

Nun dürfen wir mit in den eingezäunten Bereich vor dem Stall. Frau Wagner lässt uns hinein und wir gehen gemeinsam mit den beiden auf der anderen Seite durch ein weiteres Tor hinaus, auf eine Wiese. Die Heidschnucken und auch die Ziegen gehen entspannt hinter uns her. Man sieht ihnen jedoch genau in den Augen an, dass sie sich auf saftige Wiesen freuen. Tanzt mal jemand aus der Reihe, genügt ein Ruf oder der verlängerte Arm des Schäfers – der liebe Seppel – kommt zum Einsatz. Auf der Weide angekommen, verteilen sich alle Heidschnucken und Ziegen und beginnen zu grasen. Das entspannende Geräusch vom Reißen des Grases breitet sich aus. Egal worauf man sich konzentriert, man hört das angenehme Zupfen überall. Vor uns steht eine riesige und völlig ausgeglichene Herde Heidschnucken mit Ziegen. Ein wundervoller Anblick. Doch kommt diese Ruhe der Tiere nicht von ungefähr. Herr Butz strahlt eben diese Ruhe mindestens genauso aus. So sagt er uns: „Die Tiere reagieren so, wie man sie behandelt.“. 

Die Herde grast genüßlich auf der Weide.

Traumberuf Schäfer: der etwas andere Job

Auf die Frage hin, ob Herr Butz schon immer Schäfer werden wollte, betonte er, ganz klar: Nein! Er hat bereits als Kind in Bayern auf die Schafe seines Vaters aufgepasst. Als Bub fand er das mehr als langweilig, wenn man bedenkt, dass seine Freunde eher Fußball spielten, während er Schafe hütete. Also lernte er zunächst einen anderen Beruf. Doch dauerte es nicht lange, bis er die Tiere vermisste. Es folgte eine 35-jährige Selbstständigkeit als Schäfer. Er lebte dann in Rheinland -Pfalz. Doch musste er nach all den langen Jahren sein Unternehmen aufgeben. Seine Tiere fanden immer weniger Futter in der Natur. Wenn es besonders heiße Jahre gab, musste er bereits im Sommer zufüttern, was sonst erst im Winter getan werden musste. „Nichts ist schlimmer, als die Tiere abends in den Stall zu bringen und zu wissen, dass diese noch Hunger haben.“

Nach dieser schweren Entscheidung entstand in Herrn Butz und auch in Frau Wagner die Frage, was sie nun tun sollen. Es verschlug sie nach Neuenkirchen. Hier suchte der Verein Schäferhof e.V. einen neuen Berufs-Schäfer. Diesmal allerdings angestellt! Das Paar lebt nun glücklich auf dem Schäferhof. Frau Wagner beschäftigt sich in der Lamm-Zeit mit der Lamm-Pflege und alltäglichen Aufgaben auf dem Hof. Von April bis Oktober ist ihre Hauptaufgabe aber der Hofladen: Bestellungen von regionalen Produkten müssen getätigt werden und natürlich ist sie der Ansprechpartner im Verkauf. Herr Butz ist morgens ab 7 Uhr mit der Versorgung der Stalltiere und der Böcke beschäftigt. Von etwa 9.30 Uhr bis abends 18 Uhr ist er dann auf den Wiesen mit den Heidschnucken unterwegs. Dabei legt er locker um die 15 km zurück. „Morgens, wenn die Tiere hungrig sind, leite ich sie zunächst an eine Stelle, wo eher magere Flächen zu finden sind. Später geht es auf bessere Rasenflächen und ungefähr eine Stunde, bevor wir zurück in den Stall gehen, kommt die saftige Wiese, wie bei uns Menschen: Der Schokoladenpudding ist zum Schluss dran.“

Als Schäfer ist man 7 Tage pro Woche unterwegs draußen in der Natur. Vor allem eine Partnerin zu finden, die für diese Leidenschaft Verständnis aufbringt, ist sehr schwierig. Umso erfreulicher ist es, dass Herr Butz mit Frau Wagner die perfekte Ergänzung gefunden hat. „Ich bin nun innerhalb dieser 9 Jahre in die Arbeit hineingewachsen.“ Besonders die intensive Zeit mit den Lämmern liegt Frau Wagner am Herzen. Sie ging sogar schon mit den Lämmern ehrenamtlich ins Altenheim, um den alten Menschen ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern.

„Nur was einen ruft, kann Berufung sein“

Nach dem Motto scheinen Franz Butz und seine Partnerin zu leben. Die Arbeit mit den Tieren, das Landleben an sich, die entschleunigenden Momente in der Natur – all das möchten sie nicht mehr hergeben. Und auch, wenn sie erst seit einem Jahr hier in der Lüneburger Heide sind, wissen sie, dass dies hier ein Ort zum alt werden ist. Wir sagen vom Herzen danke, für die einmaligen Eindrücke, die wir mit Ihnen erhalten haben.

Schäfer Butz und seinde Herde

Ihr möchtet Paten von den Heidschnucken oder den Ziegen werden? Gar kein Problem mit 35 € Jahres-Beitrag werdet Ihr Vereinsmitglied und Pate gleich für 5 Jahre. Weitere Informationen findet Ihr unter:

http://www.schaeferhof-neuenkirchen.de/

Außerdem gibt es auf dem Schäferhof einen Hofladen, der Spezialitäten aus Heidschnucken-Fleisch anbietet. Auch verschiedene regionale Produkte wie Honig oder Marmelade erhaltet Ihr hier.

Wenn Ihr Herrn Butz und seine Heidschnucken-Herde einmal live erleben wollt, habt Ihr bis Ende Oktober immer mittwochs und samstags die Möglichkeit beim Heidschnucken-Eintrieb dabei zu sein.

Wenn Ihr mehr über die einmalige Region um Neuenkirchen wissen wollt, schaut bei unseren Kollegen der Heide-Touristik Neuenkirchen vorbei:

http://www.heideurlaub24.de/