veröffentlicht am 15.09.2020 | von Dilara Özcan
Heute durften wir dem Wietzendorfer Imker Jürgen Euhus bei seiner Arbeit einmal über die Schulter schauen. Dabei wurde bei uns viel mehr Verständnis für diese Berufung geschaffen. Wir sprachen über den artgerechten Umgang mit Bienen und wieso der Heidehonig sich von allen anderen Honigen unterscheidet. Außerdem erhielten wir Einblicke in das Bienenvolk als Organismus. Kommt also auch einmal virtuell mit an Jürgens Bienenstand und lasst Euch zeigen, warum man als Imker der Natur und dem Thema Umwelt ganz nah steht.
Bienenvölker in der Lüneburger Heide
Die Imkerei ist ein Handwerk, welches schon besonders lange Zeit in der Lüneburger Heide existiert.
Anfang August – zu Beginn der Heideblüte – startet die wohl beliebteste Zeit im Jahr für einen Heide-Imker. Der Imker bringt seine Bienen auf die Heideflächen. Doch geht dies nicht mal eben so! Hier braucht man eine Wandergenehmigung, zum einen vom Grundstückseigentümer, dann über den Bienenwanderwart, der Obacht hat, dass nicht zu viele Bienen auf einem Fleck stehen, und vom Veterinäramt des Landkeises. Diesem muss man mit einem Amtlichen Bienengesundheitszeugnis nachweisen, dass die Bienen, die man in die Heide bringen will, frei von Anzeigepflichtigen Krankheiten sind. „Bienenstandplätze in der Heide sind unter Imkern sehr begehrt. Man kann fast sagen, dass die Plätze auf den Heideflächen mehr oder weniger vererbt werden.“ sagt Jürgen Euhus. Nicht nur Heide-Imker aus dem Altkreis möchten Ihre Bienenvölker in unserer Lila-Blüte wohl platziert wissen. Imker aus ganz Deutschland fragen nach einem Plätzchen für die Bienen. Jährlich erhält Jürgen Euhus, der im Übrigen Bienen Kreiswanderwart ist, über 160 Anträge für eine Platzierung von Bienenvölkern auf den Heideflächen des Altkeises Soltau.
Bienenkörbe und Magazine – Die Heimat von Bienen
Die Imker stellten früher Körbe her, die als mobile Behausung für die Bienenvölker dienten. Die hier üblichen Bienenkörbe nennt man „Lüneburger Stülper“. Hergestellt werden sie aus Wülsten aus Roggenstroh, verbunden mit aufgespreizten Fichtenwurzeln. Rosenholzstäbe dienen als sogenannte Spruten zur Stabilisierung der Waben im Korb. Bei der Honigernte ist das sehr wichtig. Dabei wird auch das Einflugloch, das sogenannte „Tiellock“, bedacht. Es wird im oberen Bereich des Korbes angelegt, weil die Bienen ihr Brutnest immer fluglochnah anlegen. Fluglochentfernt, also unten im Korb, lagern die Bienen den Honig ein. Dort kann der Imker den Honig ausschneiden, ohne das Brutnest zu zerstören. Doch im Laufe der Zeit kamen die Bienenkörbe immer mehr aus „der Mode“, denn der feste Wabenbau macht das Ernten des Honigs sehr schwierig und verlangt sehr viel Feingefühl vom Imker. Man setzt umgekehrt einen leeren Bienenkorb unter den gefüllten Bienenkorb und stößt dann vorsichtig die Bienen von den fest eingebauten Waben ab, nach unten in den leeren Korb. Wenn man nicht vorsichtig genug ist, landet der gefüllte Honigwabenbau mit samt den Bienen in dem unteren leeren Korb. Ihr könnt Euch sicherlich vorstellen, was das für eine „matschige Angelegenheit“ ist.
Heute hingegen gibt es Magazine mit Mobilen Rähmchen, in denen die Bienenwaben platziert sind. Für den Imker ist hier ein einfacheres und sauberes Arbeiten möglich. Ein Rähmchen wird ganz einfach herausgehoben. Der Imker kann direkt sehen, was im Volk passiert. Wenn eine Tracht zu Ende geht, kann der Imker einfach die mit Honig gefüllten Rähmchen entnehmen.
Die Ernte des Heidehonigs
Heidehonig wird von den Bienen nur während der Heideblüte produziert, sodass die Bienen diesen Nektar von Anfang August bis Mitte September sammeln, ihm Feuchtigkeit entziehen, mit Enzymen anreichern und dadurch in Honig umwandeln. Doch was macht nun den Heidehonig so besonders im Vergleich zu anderem Honig?
Der Heidehonig ist sehr viel dickflüssiger als andere Honige, ja schon geleeartig. Dadurch lässt sich Heidehonig nicht so einfach aus den Waben lösen. Um ihn Schleudern zu können muss man in jede Zelle einer Wabe kurz hineinpicken ( Stippeln ) oder man schneidet den Heidehonig aus den Rähmchen heraus und gibt diesen in eine Honigpresse. Dort werden die Waben mit einer Kraft von mehreren Tonnen ausgepresst. Der Honig läuft aus der Presse durch mehrere unterschiedlich feine Siebe, in einen Sammelbehälter. Hier kann man den Heidehonig zunächst einmal stehen lassen. Wachsanteile sammeln sich an der Oberfläche im Behälter. Durch das „Abschäumen“ wird das Wachs von der Oberfläche des Honigs im Behälter abgetragen. Anschließend wird der Honig gerührt, damit er cremig und nicht grob kristallig wird. Die Prozedur wiederholt sich täglich, bis der Honig abfüllbereit ist. Wenn der Honig beim Rühren perlmuttartige Schlieren zeigt, weiß der Imker, dass der Heidehonig nun in Gläser gefüllt werden kann. Der besonders aromatische Geschmack des gepressten Heidehonigs entsteht dadurch, da im Honig noch feine Wachsanteile und Blütenpollen vorhanden sind.
Besonders begehrt ist der „Scheibenhonig“, Heidehonig in Waben, die die Bienen komplett während der Heideblüte gebaut haben. Scheibenhonig wird wie z.B. Weichkäse vom Stück in dünne Scheiben abgeschnitten und am besten auf frisches Kastenweißbrot mit viel Butter gelegt und dann verzehrt – ein Hochgenuss.
Bienenvolk als Organismus
Besonders beeindruckt uns der Ansatz von Jürgen Euhus, als es darum geht, dass man ein Bienenvolk als eigenständigen Organismus betrachten sollte. Eine einzelne Biene würde alleine niemals überleben. Dabei stellt die Königin das „Herz“ des Organismus dar. Wissenschaftler und Forscher haben sich lange Zeit mit Bienen auseinandergesetzt und festgestellt, dass diese Wesen miteinander sehr präzise kommunizieren. Die Flügelschläge, die das Summen verursachen, dienen dabei als ein Kommunikationsmittel. Wenn eine Biene bei ihrem Rundflug z. B. ein Rapsfeld entdeckt, ist sie in der Lage, dem restlichen Bienenvolk genaustens die Lage zu beschreiben. Ihre Artgenossen finden zum Rapsfeld, ohne, dass sie die Begleitung der „Spurbiene“ benötigen. Die Spurbiene (Kundschafterin) teilt ihren Artgenossen mit Hilfe des Schwänzel-Tanzes genau die Lage, die Entfernung, sowie die Größe des Rapsfeldes mit.
Umgang mit den Bienen als Imker
Das Hobby, als Imker tätig zu sein, nimmt je nach Jahreszeit unterschiedlich viel Zeit in Anspruch. Im Sommer mehr im Winter weniger, aber immer am Lebenszyklus der Bienen angepasst. Da ist es klar, dass man sehr viel mit den Bienen zu tun hat und diesen auch nah kommt. Wohl auch ein Bienenstich bleibt dabei nicht aus. Jürgen Euhus sagt, man muss strukturiert an die Tiere herangehen. Bevor er an die Magazine geht, legt er das benötigte Werkzeug bereit, macht er den Smoker an, denn Rauch beruhigt die Bienen. Ein Imker sollte möglichst ohne Handschuhe an den Bienen arbeiten, dann können die Tiere ihn wissen lassen, ob er einen Fehler gemacht hat. Wenn er keine Fehler macht, stechen sie auch nicht. Wenn man einen Kasten in dem ein Bienenvolk lebt öffnet, kann man an der Art des Summens der Bienen schon hören, ob bei dem Völkchen alles in Ordnung ist.
Auf die Frage hin, warum Jürgen Euhus Imker geworden ist, antwortet er „Am meisten mag ich es, den Honig zu naschen. Aber auch der Umgang mit den Tieren beeindruckt mich. Man bekommt ein ganz anderes Gespür für die Natur. Plötzlich weiß ich ganz genau, wann was blüht, denn das ist für meine Bienen wichtig. Zum Beispiel weiß ich nun, zuerst blüht die Kirsche, dann die Birne und dann der Apfel.“
Außerhalb der Heideblüte benötigen Jürgens Bienen natürlich auch Nahrung. Im Herbst füttert er mit Zuckerwasser für den Winter ein, Zuckerwasser hat weniger Ballaststoffe, ist für eine Überwinterung besser geeignet als Honig. Im Winter verlassen die Bienen den Bienenstock nicht, bilden eine Wintertraube. In der Mitte befindet sich die Königin. Sie gehen in Winterruhe, dabei ist minus 20 Grad für die Bienen kein Problem, denn sie passen ihren Stoffwechsel an. Im Frühjahr zur Rapsblüte bringt er seine Bienen nach Mecklenburg in die Elbtalaue. Dort ist der Boden besser, die Pflanzen produzieren mehr Nektar und seine Bienen finden dann mehr Nahrung, vor allem im Raps. In der Zeit fährt er alle 9 Tage, später dann alle 14 Tage zu seinen Bienenvölkern. Das macht man garantiert nur freiwillig, wenn einem die fleißigen Arbeiter am Herzen liegen.
Gestärkt holt er sie dann Anfang August in die Heide. Ein Volk besteht zu der Zeit aus etwa 40.000 Bienen. Doch die Heideblüte ist für Bienen auch sehr beschwerlich. Viele verfangen sich in Spinnennetzen, oder arbeiten sich ab und meist schaffen es nur um die 15.000 Bienen nach der Heideblüte zurück.
Gut, zu wissen...
Wusstet Ihr, dass bei der Erstellung des Bürgerlichen Gesetzbuches ein Imker dabei gewesen sein muss? Jürgen Euhus erzählte uns, dass die Honigbiene im BGB sogar Berücksichtigung fand! Ein Imker ist nämlich dazu berechtigt, fremde Grundstücke ohne Einwilligung des Eigentümers zu betreten, wenn er dort einen bei ihm entwichenen Bienenschwarm einfangen will. ;)
In einem anderen Beitrag über das Thema Honig erzählen wir Euch, wie Jürgen Euhus dazu kam, Imker zu werden. Wir schauen mit Euch auf den Imker-Verein in Wietzendorf, denn hier sind ganze 100 Imker Vereinsmitglied! Warum und welche Gesetze ein Imker beachten müssen, erfahrt Ihr demnächst hier auf unserem Blog!
Ihr möchtet Honig kaufen? Schaut doch mal bei unserer Tourist-Information in Wietzendorf vorbei: